BGH: Verbraucherrechte beim Internetkauf


Verbraucher dürfen bei einem Internetkauf eine Ware ohne Risiko prüfen, auch wenn der Wert der Ware dadurch gemindert wird. Das hat der deutsche Bundesgerichtshof nun klargestellt.

Widerrufsrecht im Internet
Kauft ein Verbraucher Waren bei gewerblichen Händlern im Internet – z.B. über einen Onlineshop oder über Ebay – so ist er berechtigt, seine Kauferklärung ohne Angaben von Gründen binnen 2 Wochen zu widerrufen. Der Käufer muss dann den gekauften Artikel zurücksenden und bekommt den Kaufpreis vom Verkäufer erstattet. So ist die Gesetzeslage in Deutschland.

Wertersatzpflicht bei Verschlechterung
Wenn sich der Kaufgegenstand jedoch verschlechtert hat oder untergegangen ist, muss der Käufer unter Umständen Wertersatz leisten. Zu dieser Wertersatzpflicht eines Verbrauchers bei Widerruf eines Fernabsatzvertrags hat der Bundesgerichtshof nun eine Entscheidung getroffen.

Verkäufer verweigert Rückzahlung
Im Streitfall ging es um einen Kaufvertrag über ein Wasserbett zum Preis von 1’265.- €. Nachdem das Wasserbett beim Käufer angeliefert wurde, baute dieser das Bett auf und befüllte die Matratze mit Wasser. Anschließend übte er sein Widerrufsrecht aus. Nach Abholung des Wasserbetts forderte er den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Dies verweigerte der Verkäufer und erstattete lediglich einen Teilbetrag von 258 €. Er machte geltend, dass das Bett, wegen der Befüllung mit Wasser, nun nicht mehr verkäuflich sei; lediglich die Heizung mit einem Wert von 258 € sei weiter verwertbar. Außerdem habe das Unternehmen beim Kauf ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Wasserbett an Wert verliere, wenn die Matratze mit Wasser gefüllt werde.

Keine Wertersatzpflicht bei bloßer Prüfung
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass der Käufer trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen könne, da er die Ware nur geprüft habe. Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, dass ein fristgerecht erklärter Widerspruch des Verbrauchers beim Fernabsatzvertrag zwar grds. zur Folge habe, dass die empfangenen Leistungen von den Vertragsparteien zurückzugewähren sein. Auch müsse der Käufer, soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert habe oder untergegangen sei, statt der Rückgabe Wertersatz leisten. Allerdings bestünde die Wertersatzpflicht jedoch nach § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB (aF jetzt Satz 3) dann nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen sei. Der Aufbau des Betts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stelle demnach lediglich eine Prüfung der Sache dar.

Fazit:
Die Entscheidung stärkt die Verbraucherrechte im Internet und ist gut für Internetkäufer, weniger jedoch für Verkäufer – die auf ihren Kosten sitzen bleiben.

Der Verbraucher soll grundsätzlich die Gelegenheit haben, die im Internet gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, weil er die Ware vor Abschluss des Vertrags nicht sehen kann. Dies schließt auch die Ingebrauchnahme ein, soweit sie zu Prüfzwecken erforderlich ist, laut BGH selbst wenn sie zu einer Wertminderung der Ware führt. Diese Rechtsauffassung erscheint jedoch fragwürdig. Bei Waren, die durch die Prüfung eine erhebliche Wertminderung erfahren, wird der Unternehmer stark benachteiligt, da er keinen Ausgleich für seinen Verlust erhält. Die Interessen der Verbraucher könnten ebenso gleichwertig durch die Anwendung der Sachmängelgewährleistung geschützt werden. Im konkreten Fall wäre es für den Käufer des Wasserbetts völlig ausreichend gewesen, wenn er erst bei Mangelhaftigkeit des Bettes, den Vertrag hätte rückgängig machen können. Der BGH unterstützt mit seiner unternehmerfeindlichen Entscheidung nicht gerade die Funktionen des Warenverkehrs, sondern hat sich hier einem übertriebenen Verbraucherschutz verschrieben.

Der Bundesgerichtshof hat damit eine fragwürdige Entscheidung zur Wertersatzpflicht eines Verbrauchers bei Widerruf eines Fernabsatzvertrags getroffen.

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 3. November 2010 – VIII ZR 337/09

Einschlägige Gesetze:
§ 357 BGB aF:

(..) 3) Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist.(.. )

Art. 6 der Richtlinie 97/7 (Fernabsatz-Richtlinie):

(1) Der Verbraucher kann jeden Vertragsabschluß im Fernabsatz innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.

(..)(2) Übt der Verbraucher das Recht auf Widerruf gemäß diesem Artikel aus, so hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. (..)