Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hatte darüber zu befinden, ob aus der eingetragenen Marke „Lindt-Goldhase“ der Vertrieb ähnlicher Schokoladenhasen untersagt werden kann.
Der „Lindt-Goldhase“ ist seit 2001 als dreidimensionale Marke für Schokoladenwaren eingetragenen. Die eingetragene Marke besteht aus einem in Goldfolie eingewickelten, sitzenden Schokoladenhasen mit rotem Halsband mit Schleife und Glöckchen sowie dem Aufdruck „Lindt GOLDHASE“. Der schweizer Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli als Markeninhaber hat auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz gegen die Herstellung und den Vertrieb eines gleichfalls in Goldfolie eingewickelten sitzenden Schokoladenhasen der Firma Riegelein geklagt. Seiner Ansicht nach sei dieser mit seiner Marke verwechselbar.
Das erstinstanzliche Gericht und das Berufungsgericht hatten die Klage zuvor abgewiesen, mit dem Argument, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen dem als Gemeinschaftsmarke eingetragenen und dem von der Beklagten vertriebenen Schokoladenhasen bestünde. Der Fall ist nun bereits zum zweiten Mal vor dem BGH gelandet.
In einem ersten Revisionsverfahren hatte der BGH im Oktober 2006 das die Klage abweisende Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a. M. aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urt. v. 26.10.2006 – I ZR 37/04, BGHZ 169, 295 – Goldhase I; vgl. Presseerklärung Nr. 146/2006 v. 27.10.2006). Im zweiten Berufungsverfahren hat das OLG wiederum eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Schokoladenhasen verneint, weil die sich gegenüberstehenden Gestaltungen seiner Ansicht nach nicht hinreichend ähnlich seien.
Der BGH hat nun auch diese Entscheidung aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen. In der Verhandlung vor dem OLG war ein Exemplar des Riegelein-Hasen vorgelegt worden. Da es dem OLG auf die genaue Farbgebung ankam, die sich aus den bei den Akten befindlichen Fotografien nicht zuverlässig ergab, hatte die Klägerin ihren Antrag umgestellt und auf einen „Schokoladenhasen gemäß dem in der Sitzung (…) überreichten Exemplar“ bezogen. In seiner die Verwechslungsgefahr verneinenden Entscheidung hatte sich das OLG gerade auch auf die Farbe der Folie gestützt; der zu den Akten gereichte Riegelein-Hase zeichne sich durch eine eher bronzefarbene Folie aus, die sich deutlich von der leuchtenden Goldfolie des Lindt-Hasen unterscheide.
Der u. a. für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH sah sich nicht in der Lage, diese Beurteilung zu überprüfen. Denn der in der Verhandlung vor dem OLG überreichte Riegelein-Hase befand sich nicht mehr bei den zum BGH gelangten Akten; auch eine Nachforschung beim OLG war erfolglos geblieben (Anm.: aufgegessen?). Zwischen den Parteien bestand auch keine Einigkeit, ob ein im Revisionsverfahren vorgelegter Riegelein-Hase mit dem verlorengegangenen Hasen in der Farbgebung übereinstimmte.
Dieser Umstand war allerdings nicht allein für die Aufhebung des Berufungsurteils entscheidend: Nach Ansicht des BGH kann die Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Schokoladenhasen nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts verneint werden. Den sich aus den einzelnen Bestandteilen (Form und Farbe der Hasen sowie den weiteren Gestaltungsmerkmalen wie rotes Bändchen mit Glöckchen, aufgemaltes Gesicht) zusammensetzenden Gesamteindruck der beiden Gestaltungen habe das Berufungsgericht nicht zutreffend ermittelt. Insbesondere habe es die Ergebnisse einer Verkehrsbefragung nicht rechtsfehlerfrei berücksichtigt. Die Verkehrsbefragung betraf einen nur in Goldfolie eingewickelten, mit keiner Schrift und keinen aufgemalten Gestaltungsmerkmalen versehenen sitzenden Lindt-Hasen. Auf die Frage nach der betrieblichen Herkunft hatte ein Großteil der Befragten Lindt & Sprüngli genannt. Das Berufungsgericht hatte daraus geschlossen, dass sich die gesteigerte Kennzeichnungskraft des Lindt-Hasen auch aus Form und Farbe herleite. Vor diesem Hintergrund hat der BGH beanstandet, dass das OLG seine Auffassung nicht hinreichend begründet habe, dass den sonstigen, sich bei den beiden Hasen unterscheidenden Gestaltungsmerkmalen eine maßgebliche Bedeutung zukomme.
Fazit:
Im „Goldhasen-Streit“ scheint noch nicht die letzte Schokolade gegessen zu sein. Der Schutz des „Lindt-Goldhasen“ muss nunmehr neu bestimmt werden. Wir sind gespannt auf weitere Goldhasen-Verkostungen und natürlich die Verkehrsbefragung.
Quellen:
Urteil vom 15. Juli 2010 – I ZR 57/08; Pressemitteilung des BGH Nr. 150 v. 16. 7. 2010
OLG Frankfurt am Main – Urteil v. 8. November 2007 – 6 U 10/03
LG Frankfurt am Main – Urteil v. 19. Dezember 2002 – 2/3 O 443/02