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12-Punkte-Papier zum geistigen Eigentum im digitalen Zeitalter

Der deutsche Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann, hat in Berlin ein 12-Punkte-Papier zum Schutz des digitalen Eigentums vorgelegt. Damit will er den neuen Herausforderungen im digitalen Zeitalter und den damit verbundenen Risiken Rechnung tragen sowie das Urheberrecht reformieren. Im Mittelpunkt sollen dabei weiter die ideellen und materiellen Interessen des Werkschöpfers stehen sowie die Interessen von Nutzern und Verwertern angemessen berücksichtigt werden.

„Wir müssen reagieren!“
„(..)Im digitalen Umfeld (weltweiten Netz) ist es technisch einfach möglich, urheberrechtlich geschützte Werke zu nutzen, ohne die angemessene Vergütung dafür zu entrichten. (..)den Urhebern, ausübenden Künstlern und anderen kreativen Berufen wird der Lohn ihrer Arbeit vorenthalten, ihre wirtschaftliche Existenz bedroht. Wenn es aber nicht mehr möglich ist, von kreativer Arbeit zu leben, wird unsere kulturelle Landschaft verarmen, wird es über kurz oder lang keine kulturelle Vielfalt geben. Wir können deshalb nicht die Hände in den Schoß legen, sondern wir müssen reagieren.“ betonte Kulturstaatsminister Neumann.

Verschärfung der Rechtsfolgen
Bei eindeutigen Rechtsverletzungen müsse außerdem sichergestellt sein, dass illegales Handeln auch ernstzunehmende rechtliche Konsequenzen, wie zum Beispiel eine Abmahnung nach sich ziehe. Zur Verwirklichung der Urheberrechte sei zudem die Mitwirkung aller Verwerter von kreativen Leistungen erforderlich.

Neben der Rolle der Verwertungsgesellschaften geht das 12-Punkte-Papier auch auf Regeln für verwaiste und vergriffene Werke ein und fordert ein besseres Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Weiter wird eine Verschärfung der Haftung von Providern und Portalanbietern im Web gefordert sowie Verbesserungen bei der Sicherung von Vergütungsansprüchen.

Ein guter Vorstoss
„Ohne Urheber keine kulturelle Vielfalt“ hat der Staatsminister richtig erkannt. Insgesamt daher ein guter Vorstoss für den Schutz von geistigem Eigentum, wenn auch nur mit oberflächlich formulierten Forderungen. Eine konkrete Ausgestaltung innerhalb der Gesetze wird nicht angeboten.

Eine Reform des Urheberrechts ist dringend notwendig. Denkbar sind verschiedene Wege. Klar muss jedoch sein, dass das Urheberrecht wieder die Lebensgrundlage von Autoren und Künstlern werden muss und nicht nur den großen Verlagen und Sonys dieser Welt nützt!

Quelle: „Ohne Urheber keine kulturelle Vielfalt“ Zwölf-Punkte-Papier von Staatsminister Bernd Neumann. abrufbar unter: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2010/11/2010-11-26-bernd-neumann-positionspapier.html

Übernahme von ProSieben/Sat.1 durch Axel Springer

Die geplante Übernahme von den beiden privaten Fernsehsendern durch die Axel Springer AG wird erneut vor Gericht entschieden werden müssen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Berufungsentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Die Richter in Leipzig entschieden, dass die medienrechtliche Unbedenklichkeit einer Übernahme von ProSieben/Sat.1 durch Axel Springer AG neu geprüft werden müsse.

Rechtlicher Hintergrund
Nach dem Rundfunkstaatsvertrag muss jede geplante Veränderung von Beteiligungsverhältnissen durch die zuständige Landesmedienanstalt als unbedenklich bestätigt werden. Eine solche Bestätigung darf nicht erteilt werden, wenn das Unternehmen durch die Veränderung der Beteiligungsverhältnisse eine vorherrschende Meinungsmacht erlangt. Erreichen die einem Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 30 vom Hundert, so wird nach § 26 Abs. 2 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrages vermutet, dass vorherrschende Meinungsmacht gegeben ist.

Gleiches gilt nach § 26 Abs. 2 Satz 2 des Rundfunkstaatsvertrages bei Erreichen eines Zuschaueranteils von 25 vom Hundert, sofern das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwandten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat oder eine Gesamtbeurteilung seiner Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, dass der dadurch erzielte Meinungseinfluss dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 vom Hundert im Fernsehen entspricht.

Axel Springer plante Übernahme von privaten Fernsehsendern
Die Axel Springer AG ist ein vor allem in den Bereichen Zeitungen, Zeitschriften, Radio und TV sowie Online-Diensten europaweit agierendes Medienunternehmen. Im August 2005 meldete sie gemeinsam mit den Fernsehveranstaltern SAT.1, ProSieben, Kabel 1, N24 und 9Live bei der beklagten Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und bei der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) eine geplante mittelbare Beteiligungsveränderung an und beantragte, deren medienrechtliche Unbedenklichkeit zu bestätigen. Sie beabsichtigte, sämtliche von einer Holding gehaltenen Anteile an ProSiebenSAT.1 zu übernehmen und für die im Streubesitz befindlichen stimmrechtslosen Vorzugsaktien ein öffentliches Übernahmeangebot abzugeben. Die KEK fasste am 10. Januar 2006 den Beschluss, die geplanten Veränderungen von Beteiligungsverhältnissen nicht als unbedenklich zu bestätigen. Nachdem das Bundeskartellamt den Zusammenschluss aus kartellrechtlichen Gründen untersagt hatte, gab die Axel Springer AG ihre Pläne zur Übernahme der Beteiligungen im März 2006 auf.

VG München weist Klage ab
Die Klage der Axel Springer AG auf Erteilung einer medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung wies das VG München ab. Nachdem die Anteile inzwischen an ein anderes Unternehmen veräußert worden waren, beantragte die Axel Springer AG im Berufungsverfahren nur noch die Feststellung, dass die Verweigerung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung rechtswidrig gewesen ist. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Berufung zurück, weil die Klage wegen fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig sei.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nun die Berufungsentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Es hat der Axel Springer AG ein fortbestehendes Interesse an einer Sachentscheidung zugesprochen, denn die Klägerin müsse wegen der für sie ungünstigen Entscheidung der Beklagten damit rechnen, von einem potentiellen Veräußerer schon gar nicht als ernsthafter Verhandlungspartner für eine etwaige künftige Übernahme in Betracht gezogen zu werden.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof werde bei seiner erneuten Entscheidung sich mit der Sache zu befassen haben und dabei berücksichtigen müssen, dass der KEK bei ihrer Beurteilung der vorherrschenden Meinungsmacht nach § 26 des Rundfunkstaatsvertrages ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukomme. Die in § 26 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages genannten Vom-Hundert-Anteile zur Gewichtung von Zuschaueranteilen bei der Meinungsmacht eines Unternehmens hätten den Rang von Regelbeispielen, deren Einschlägigkeit im Einzelfall zu beurteilen sei.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 24. November 2010, Aktenzeichen: 6 C 16.09

OLG Koblenz zu: Wasserschäden an Kunstwerken

Oberlandesgericht Koblenz verneint Haftung des Vermieters für eingelagerte Kunstwerke. Ein Mieter, der einen Kellerraum zur Einlagerung von eigenen Kunstwerken gemietet hat, könne vom Vermieter nicht ohne weiteres Schadensersatz verlangen, wenn die Werke infolge eines Wasserrohrbruchs beschädigt werden. Das hat das Oberlandesgericht Koblenz in einem Berufungsverfahren entschieden.

Freischaffender Künstler hatte geklagt
Geklagt hatte ein freischaffender Künstler, der einen Lagerraum im Keller eines Anwesens im Landkreis Mainz-Bingen zu einer jährlichen Miete von 1800 Euro gemietet hatte und dort zahlreiche von ihm gefertigte Reliefs lagerte.

Wassereintritt in den Kellerräumen wegen Rohrbruch
Nachdem ein Rohr an der Anschlussstelle der Heizung zum Ausdehnungsgefäß gebrochen war, kam es zu einem Wassereintritt in den Kellerräumen des Anwesens. Das austretende Wasser sammelte sich in dem vom Künstler angemieteten Raum, der circa 75 cm tiefer liegt als die anderen Kellerräume. Die Vermieterin ließ umgehend das Wasser abpumpen; außerdem wurde damit begonnen, die zum Teil in Folie verpackten Reliefs des Künstlers ins Trockene zu bringen.

Wasserschäden in Höhe von 200.000 Euro
Durch die Wassereinwirkung waren insgesamt 141 seiner Werke so beschädigt worden, dass sie nun unverkäuflich seien. Insgesamt sei ihm ein Schaden in Höhe von mehr als 200.000 Euro entstanden. Der Künstler hat die Vermieterin deshalb auf Zahlung eines Teilbetrags in Höhe von 10.000 Euro nebst Zinsen in Anspruch genommen.

LG Mainz bejahte Schadensersatz
Das Landgericht Mainz hat eine Schadensersatzhaftung der Vermieterin dem Grunde nach bejaht und deshalb ein Grundurteil erlassen; über die Höhe des eingetretenen Schadens sei noch nachfolgend Beweis zu erheben.

OLG Koblenz wies Klage ab
Gegen das Grundurteil hatte die Vermieterin Berufung eingelegt. Der zuständige 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat nun den Schadensersatzanspruch abgelehnt und die Klage abgewiesen.

Keine Grundlage für Vermieterhaftung
Die Vermieterin schulde dem Künstler keinen Schadensersatz, weil eine Grundlage für eine Vermieterhaftung nicht gegeben sei. Ein Vermieter sei lediglich zu denjenigen Maßnahmen verpflichtet, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend erachte, um andere vor Schäden zu bewahren.

Keine gesetzliche Pflicht zur Wartung
Im Hinblick auf den Rohrbruch treffe die Vermieterin kein Verschulden. Die Bruchstelle befinde sich in einem Bereich, der nicht der Überprüfung durch den Schornsteinfeger unterliege und für den gesetzliche Verpflichtungen zur Wartung nicht ersichtlich seien. Eine generelle Pflicht des Vermieters, Leitungen ohne konkreten Anlass einer Generalinspektion zu unterziehen, bestehe nicht. Da die Vermieterin die Heizungsanlage durchaus Überprüfungen unterzogen habe – zuletzt am 30. Januar 2007 – und Anhaltspunkte für Schadensanzeichen nicht gegeben seien, habe die Vermieterin diesen Anforderungen genügt.

Informationspflicht hat nicht bestanden
Darüber hinaus hätte eine Pflicht zur früheren Information des Künstlers unter Zurückstellung anderer notwendiger Maßnahmen nur dann bestanden, wenn die Vermieterin Kenntnis davon gehabt hätte, dass in dem Keller Kunstwerke von erheblichem Wert gelagert worden seien. Dies konnte der Künstler jedoch nicht beweisen.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 30. September 2010, Aktenzeichen: 2 U 779/09

BGH: Weniger Pflichten für Online-Shops

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Pflichten zur Angabe von Endpreisen und Versandkosten im Internethandel gelockert.

Internethändler müssen auf Liefer- und Versandkosten nicht an prominenter Stelle hinweisen. Es genüge demnach, wenn die Informationen zur Mehrwertsteuer und Versandkosten auf einer gesonderten Seite angegeben würden und nicht mehr zwingend auf derselben Seite, auf der die Ware angeboten und der Preis genannt wird, hat der BGH in Karlsruhe entschieden.

Nach der deutschen Preisangabenverordnung ist ein Versandhändler dazu verpflichtet, zusätzlich zum Endpreis der Ware anzugeben, dass die geforderten Preise die Umsatzsteuer enthalten und ob zusätzliche Liefer- und Versandkosten anfallen. Er ist außerdem verpflichtet, diese Angaben dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte ein Handelsunternehmen seinen Internetauftritt so gestaltet, dass die Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Liefer- und Versandkosten weder auf der ersten sich öffnenden Internetseite mit der Abbildung und Beschreibung der beworbenen Produkte noch auf einer anderen Seite mit näheren Angaben zu den jeweiligen Produkten zu finden waren, sondern nur unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“ sowie nach dem Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb. Wollte ein Internetnutzer sich vor Einleitung des Bestellvorgangs über die von der Preisangabenverordnung vorgeschriebenen Angaben informieren, musste er von sich aus die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die Angaben unter „Service“ durchsuchen.

Ein Wettbewerber hatte dies beanstandet und das Handelsunternehmen auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz verklagt. Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg hatten der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Liefer- und Versandkosten müssten auf derselben Internetseite wie der Preis unmittelbar bei der Abbildung oder Beschreibung der angebotenen Waren stehen.

Der Bundesgerichtshof hat nun zwar bestätigt, dass der beanstandete Internetauftritt des beklagten Versandhändlers den gesetzlichen Anforderungen nicht entspreche. Er hatte jedoch der Auffassung der Vorinstanzen widersprochen, die Preisangabenverordnung nötige dazu, die zusätzlichen Hinweise auf die Umsatzsteuer und die Liefer- und Versandkosten auf derselben Internetseite zu geben, auf der die Ware angeboten und der Preis genannt werde. Dem Internetnutzer sei bekannt, dass im Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfielen. Er gehe auch als selbstverständlich davon aus, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthielten. Es genüge daher, wenn die fraglichen Informationen alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben würden, die der Internetnutzer bei näherer Befassung mit dem Angebot noch vor Einleitung des Bestellvorgangs aufrufen müsse.

Fazit:
Das Urteil des BGH ist gut für Online-Shop-Betreiber und verhindert Abmahnungen. In der Vergangenheit hatten vermeintliche Verstöße gegen die deutsche Preisangabenverordnung im Web zu einer missbräuchlichen Abmahnwelle geführt. Auch schweizer Internethändler müssen ihren Online-Shop nach deutschem Recht gestalten, insofern sie auch nach Deutschland verkaufen.

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 4. Oktober 2007 – I ZR 143/04.

BGH: Tabakwerbeverbot gilt auch für Imagewerbung

Das Verbot, für Tabakerzeugnisse in der Presse zu werben, gilt auch für sog. Imagewerbung, d.h. Anzeigen, in denen sich ein Zigarettenhersteller unter Bezugnahme auf seine Produkte als verantwortungsbewusstes Unternehmen darstellt, ohne direkt für den Absatz seiner Produkte zu werben. So hat der deutsche Bundesgerichtshof entschieden.

Ein Unternehmen, das verschiedene Tabakmarken in Deutschland vertreibt, hatte eine Anzeige im „Vorwärts“ veröffentlicht, mit der groß herausgestellten Überschrift „Unser wichtigstes Cigarettenpapier“ und dem folgenden Text:

„Bestellen Sie unseren Social Report. Immer noch gibt es Unternehmen, die unreflektiert Augenwischerei betreiben und die Dinge nicht so sehen wollen, wie sie sind. BAT stellt sich nicht nur den kritischen Fragen, sondern beweist Engagement mit vielfältigen Taten. Wie wir uns konkret mit der Problematik des Cigarettenkonsums auseinander setzen, können Sie jetzt im aktuellen Social Report nachlesen. Sie finden ihn auf unserer Homepage www. … oder Sie fordern eine kostenlose Printausgabe an unter Fax …“

Unter diesem Text waren die von dem Unternehmen in Deutschland vertriebenen Zigarettenmarken kleingedruckt aufgeführt.

Dagegen klagte der Verbraucherverband. Er beanstandete diese Anzeige als Verstoß gegen das gesetzliche Verbot, für Tabakerzeugnisse in der Presse zu werben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat der Klage nun stattgegeben. Mit der Anzeige werde – so der BGH – nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für seine Tabakerzeugnisse geworben. Das Tabakunternehmen stelle sich in der Anzeige als verantwortungsbewusstes Unternehmen dar, das sich engagiert durch vielfältige Taten mit der Problematik des Zigarettenkonsums auseinandersetze. Die Leser der Anzeige würden eher die Produkte eines solchen Unternehmens kaufen als die eines Wettbewerbers, der sich über die Gefahren des Rauchens keine Gedanken mache.

Spätestens durch die Nennung der Zigarettenmarken am Ende der Anzeige könne der Leser die angepriesenen Vorzüge auch konkret mit Produkten in Verbindung bringen, die er kaufen könne. Damit sei zumindest eine indirekte Werbewirkung gegeben, die für die Anwendbarkeit des Tabakwerbeverbots ausreiche.

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. November 2010, Aktenzeichen: I ZR 137/09.

BGH: Pressefreiheit vs. Persönlichkeitsrecht

Die Werbekampagne mit Günther Jauch war zulässig. Die Werbung mit der Abbildung einer prominenten Person auf dem Titelblatt einer Zeitung ist ausnahmsweise auch ohne Einwilligung der abgebildeten Person zulässig, wenn sie dem Zweck dient, die Öffentlichkeit über das Aussehen und die Ausrichtung einer neuen Zeitung zu informieren. So entschied der deutsche Bundesgerichtshof und stärkt damit das Grundrecht der Pressefreiheit.

Potraitfoto ohne Einwilligung veröffentlicht

Im Streitfall hatte das neue Magazin „Markt & Leute“ auf der Titelseite ein Portraitfoto von Günther Jauch veröffentlicht mit der Überschrift „Jauchs Hochzeit nicht völlig tabu“. Dies erfolgte allerdings ohne Einwilligung von Günther Jauch. Die Ausgabe sollte als sog. Nullnummer (=Vorabausgabe als Werbung) lediglich als Einführungswerbung für das Magazin dienen und wurde als gedruckte Zeitung und online im Internet angeboten.

Dagegen klagte Günther Jauch auf Schadensersatz. Er war der Ansicht, die Verwendung seines Bildnisses und Namens in der Werbung für das Magazin verletze sein Recht am eigenen Bild und Namen.

Dem folgte der Bundesgerichtshof jedoch nicht und wies die Klage ab.

Die Prüfung, ob die in der Werbekampagne der Beklagten verwendete Fotografie von Günther Jauch als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne seine Einwilligung verbreitet werden durfte, erfordere – so der BGH – eine Abwägung zwischen dem Interesse des Abgebildeten am Schutz seiner Persönlichkeit und dem von dem Magazin wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht durch die Abbildung eines Porträtfotos sei hier vergleichsweise geringfügig, weil das Magazin damit lediglich die Aufmerksamkeit der Werbeadressaten auf ihre Zeitung gelenkt habe, ohne den Werbewert oder das Image von Herrn Jauch darüber hinaus auszunutzen oder sein Ansehen zu beschädigen. Das Magazin könne sich demgegenüber auf das vom Grundrecht der Pressefreiheit geschützte Interesse berufen, die Öffentlichkeit mit der Abbildung einer Titelseite über die Gestaltung und den Inhalt ihres geplanten Magazins zu informieren.

Der Bundesgerichtshof  hat seine Auffassung bekräftigt, die Pressefreiheit werde übermäßig eingeschränkt, wenn ein Verlag, der für eine künftig erscheinende Zeitung in zulässiger Weise mit der Abbildung einer beispielhaften Titelseite werbe, verpflichtet sei, Beiträge zu Themen zu veröffentlichen, die zum Zeitpunkt des Beginns der Werbekampagne aktuell seien, zum Zeitpunkt des Erscheinens der Erstausgabe aber möglicherweise überholt seien (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2009 – I ZR 65/07, GRUR 2010, 546 – Der strauchelnde Liebling).

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. November 2010 – I ZR 119/08

Die Marke „Post“ der Deutschen Post bleibt wegen hoher Bekanntheit geschützt

Die Marke „Post“ der Deutschen Post bleibt wegen hoher Bekanntheit geschützt

Über 75 Prozent der befragten Personen ordnen die Marke „Post“ dem Unternehmen Deutsche Post zu. Das ergab eine Studie eines Markforschungsinstituts. Wegen dieser hohen Durchsetzung im Verkehr muss die Marke nunmehr doch nicht gelöscht werden, obwohl das Deutsche Patent- und Markenamt bereits die Löschung angeordnet hatte. So entschied das deutsche Bundespatentgericht.

Löschungsanträge von Konkurrenten
Die Marke „Post“ war am 3. November 2003 für verschiedene Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Beförderung von Briefen und Paketen eingetragen worden. Auf die Löschungsanträge mehrerer Konkurrenten hin hatte das Deutsche Patent- und Markenamt die Löschung der Marke angeordnet. Diese Entscheidung hatte das Bundespatentgericht nunmehr aufgehoben.

Marke muss jedoch nicht gelöscht werden
Das Gericht hat ausgeführt, dass die Marke aus einer Angabe bestehe, die zur Bezeichnung eines Merkmals der beanspruchten Dienstleistungen dienen könne, sodass die Voraussetzungen des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt seien. Eine Löschung der Marke scheide aber dennoch  aus, weil sich diese in Folge ihrer Benutzung für die beanspruchten Dienstleistungen in den beteiligten Verkehrskreisen gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt habe.

Bekanntheitsgrad ist ausreichend
Nach Auffassung des Bundespatentgerichts reiche der Bekanntheitsgrad von 75 % für eine Eintragung der Marke auf der Grundlage der Verkehrsdurchsetzung aus. Damit hoben die Richter den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts betreffend die angeordnete Löschung der Marke „Post“ auf.

Quelle: Bundespatentgericht, Aktenzeichen: 26 W (pat) 24/06, Pressemitteilung vom 04.11.2010

Kündigung eines DSL-Anschlusses bei Umzug

Der Inhaber eines DSL-Anschlusses kann den Vertrag mit seinem Telekommunikationsunternehmen nicht vor Ablauf der vereinbarten Frist kündigen, nur weil er an einen Ort umzieht, an dem noch keine DSL-fähigen Leitungen verlegt sind. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH), das oberste deutsche Gericht.

Umzug in Gegend ohne DSL-fähige Leitungen während der Vertragslaufzeit
Der klagende Kunde hatte mit einem Telekommunikationsunternehmen im Mai 2007 einen Vertrag über die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit Internetzugang einschließlich Internettelefonie geschlossen. Der Vertrag war auf die Dauer von zwei Jahren geschlossen.

Im November 2007 verzog der Kläger in eine im selben Landkreis gelegene andere Gemeinde ohne DSL-fähige Leitungen, so dass der DSL-Anbieter nicht in der Lage war, am neuen Wohnort einen DSL-Anschluss zu installieren.

Nachdem das Unternehmen dies dem Kläger schriftlich mitgeteilt hatte, erklärte dieser die “Sonderkündigung” des Vertrags. Dessen ungeachtet beanspruchte die Beklagte die vereinbarte monatliche Grundgebühr weiter.

Wirksam gekündigt?
Mit seiner Klage verlangte der Kläger die Feststellung, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag durch die Kündigung wirksam beendet wurde und er nicht verpflichtet sei, die geltend gemachten Monatsbeträge zu zahlen. Nachdem die Klage in den Vorinstanzen erfolglos blieb landete diese vor dem BGH.

BGH: Kein wichtiger Grund zur Kündigung
Der BGH sah keinen wichtigen Grund zur Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 oder § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ein solcher Grund bestehe grundsätzlich nicht, wenn er aus Vorgängen hergeleitet werde, die dem Einfluss des anderen Vertragspartners entzogen seien und der Interessensphäre des Kündigenden entstamme.

Kunde trägt Risiko des Umzugs
Der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließe, trage grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Dementsprechend stelle ein Umzug, etwa aus beruflichen oder familiären Gründen, prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine Kündigung dar. Hinzu trete im Streitfall, dass die vergleichsweise lange Laufzeit des DSL-Anschlussvertrags die wirtschaftliche „Gegenleistung“ des Klägers für einen niedrigen monatlichen Grundpreis war und auch ein Vertragsschluss mit kürzerer Laufzeit oder monatlicher Kündbarkeit zu höheren Kosten möglich gewesen wäre. Zudem amortisierte sich die Investitionen des Unternehmens, das dem Kunden insbesondere die notwendige technische Ausrüstung (Router, WLAN-Stick) zur Verfügung stellte, erst innerhalb des zweiten Vertragsjahrs.

Quelle: BGH, Urteil v. 11.11. 2010, III ZR 57/10.
Rechtsnormen:
§ 626 BGB Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

§ 314 BGB Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

OLG Brandenburg: Urheberrecht schützt nicht vor Kunstfreiheit

Zeitung muss ungenehmigten Abdruck von Artikeln in einem Buch dulden – Künstlerische Technik der literarischen Collage. So entschied das Brandenburgisches Oberlandesgericht (OLG), lies aber die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Die Märkische Oderzeitung (MOZ) müsse den Abdruck der von ihr veröffentlichen Zeitungsartikeln, trotz Urheberrechtsverletzung, in dem Buch „Blühende Landschaften“ dulden.

„Blühende Landschaften“
Ein ehemaliger Direktor des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt, verfasste nach seiner Pensionierung ein Buch unter dem Titel „Blühende Landschaften“. In diesem Buch, das sich kritisch mit politischen und sozialen Erscheinungen der Geschichte des Aufbaus der Gerichtsbarkeit nach der Wende und ihrer „Aufbauhelfer“ aus dem Westen befasst, sowie in diesem Zusammenhang auch mit der Rolle der Presse auseinandersetzt, bezog er Zeitungsartikel und Lichtbilder ein, die in den Jahren seiner richterlichen Tätigkeit in der Märkischen Oderzeitung (MOZ) erschienen waren.

Märkischen Oderzeitung klagt wegen Verletzung ihrer Urheberrechte
Die MOZ sah in dem Abdruck ihrer Artikel, für den sie eine Einwilligung nicht erteilt hatte, eine Verletzung ihr zustehender Urheberrechte. Sie klagte deshalb vor dem Landgericht Potsdam auf Unterlassung des ihrer Auffassung nach verbotenen Abdrucks; darüber hinaus stellte sie weitere Anträge, mit denen die Geltendmachung eines ihr durch die unerlaubte Veröffentlichung entstandenen Schadens vorbereitet
werden sollte.

Landgericht Potsdam gibt Unterlassungsklage statt
Das Landgericht Potsdam hatte u. a. der Unterlassungsklage stattgegeben. Dagegen hatte der Beklagte Berufung eingelegt. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat nun das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Kunstfreiheit rechtfertigt Urheberrechtsverletzung
Zur Begründung hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ausgeführt, zwar habe der Beklagte in die urheberrechtlich geschützte Position der MOZ eingegriffen. Dieser Eingriff sei jedoch durch die in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes verankerte Kunstfreiheit geschützt. Der Beklagte habe mit seinem Buch „Blühende Landschaften“ ein literarisches Werk, damit ein Werk der Kunst, geschaffen. Er habe sich bei der Darstellung einer künstlerischen Technik, nämlich der literarischen Collage bzw. der Montage inhaltlich und stilistisch unterschiedlicher Texte und Anschauungsobjekte bedient. Die Artikel und Lichtbilder habe er verwandt, um die politische und soziale Atmosphäre im Rahmen der dargestellten Ereignisse erfahrbar zu machen. In einem
solchen Fall müsse das Urheberrecht kunstspezifisch ausgelegt und angewendet werden.

Unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung habe der Beklagte die in Streit stehenden Zeitungsartikel und Lichtbilder in seinem Buch verwenden dürfen. Dem Eingriff in das Urheberrecht der MOZ komme nur geringes Gewicht zu. Die Artikel und Lichtbilder beträfen Tagesereignisse aus weit zurückliegenden Jahren. Ihr wirtschaftlicher Wert sei zum überwiegenden Teil durch die damalige Veröffentlichung erschöpft.

Autor musste keine Einwilligung der Zeitung einholen
Der Beklagte habe auch nicht die Erlaubnis der MOZ zur Einbeziehung der Artikel und Lichtbilder in sein Buch einholen müssen. Die künstlerische Freiheit des Beklagten dürfe nicht dadurch eingeschränkt werden, dass er in der Wahl der von ihm zur Gewinnung des beabsichtigten Ausdrucks als erforderlich angesehenen Mittel dadurch eingeschränkt werde, dass er auf die Einwilligung der Klägerin angewiesen sei.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Quelle: OLG Brandenburg, Urteil vom 9.11.2010 – 6 U 14/10; Pressemitteilung vom 09.11.2010 zu Az. 6 U 14/10.

EU-Kommission stärkt den Datenschutz

Was geschieht mit persönlichen Daten bei Flugreisen oder der Kontoeröffnung ? Wie kann man persönliche Angaben auf Facebook und anderen Netzwerken wieder löschen? Was geschieht mit meinen persönlichen Daten in Social Networks und wer kann online private Fotos anschauen?

Kontrolle über Ihre Informationen, Zugang zu Ihren Daten, Änderung oder Löschung Ihrer Daten – diese grundlegenden Rechte müssen in unserer heutigen digitalen Welt garantiert sein.

Europäische Kommission stellt neue Strategie vor
Dazu hat die Europäische Kommission heute eine Strategie zum Datenschutz vorgestellt. Damit will sie sicherstellen, dass die grundlegenden Datenschutz-Rechte der Bürger umfassend garantiert sind. Die Strategie hat den Schutz der Daten des Einzelnen in allen Politikbereichen einschließlich bei der Strafverfolgung zum Gegenstand. Gleichzeitig soll der bürokratische Aufwand für Unternehmen vermindert und der freie Verkehr von Daten in der EU gewährleistet werden. Zusammen mit den Ergebnissen einer öffentlichen Anhörung zu dieser Thematik werde die Kommission ihre neue Datenschutzstrategie zur Überarbeitung der EU-Datenschutzrichtlinie von 1995 nutzen. 2011 will die Kommission dann eine neue Regelung vorschlagen.

„Der Schutz personenbezogener Daten ist ein Grundrecht“
„Der Schutz personenbezogener Daten ist ein Grundrecht“, erklärte Vizepräsidentin Viviane Reding, EU-Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft. „Um dieses Recht zu garantieren, brauchen wir klare und konsequente Datenschutzbestimmungen. Außerdem müssen wir unsere Gesetze entsprechend den Herausforderungen neuer Technologien und der Globalisierung modernisieren. Die Kommission wird nächstes Jahr neue Bestimmungen vorschlagen, um die Rechte des Einzelnen zu stärken und gleichzeitig den bürokratischen Aufwand zu verringern, um den freien Datenverkehr im EU-Binnenmarkt zu gewährleisten.“

Modernisierung des EU-Datenschutzrechts
Die heute vorgestellte Strategie soll aufzeigen, wie sich der EU-Rahmen für den Datenschutz modernisieren liesse, und formuliert dazu eine Reihe von Kernzielen. Diese sind:

• Stärkung der Rechte des Einzelnen, damit die Sammlung und Nutzung personenbezogener Daten auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt werde. Jeder solle überdies klar und in transparenter Weise darüber informiert werden, wie, warum, von wem und wie lange seine Daten gesammelt und verwendet würden. Jeder solle die Möglichkeit haben, der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten nach vorheriger Aufklärung freiwillig zuzustimmen, beispielsweise beim Online-Surfen, und jeder sollte das „Recht vergessen zu werden“ haben, wenn seine Daten nicht länger gebraucht würden oder er wolle, dass seine Daten gelöscht würden.
• Stärkung der Binnenmarktdimension durch Verringerung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen und die Gewährleistung gleicher Rahmenbedingungen. Gegenwärtig herrschen Unterschiede bei der Umsetzung der Datenschutzbestimmungen der EU, und nicht immer sei klar, wessen Vorschriften gelten. Dies beeinträchtige den freien Verkehr personenbezogener Daten in der EU und bewirke höhere Kosten.
• Überarbeitung der Datenschutzbestimmungen im Bereich der Zusammenarbeit der Polizei- und Strafjustizbehörden, damit personenbezogene Daten Einzelner auch hier geschützt würden. Auf der Grundlage des Vertrags von Lissabon könne die EU nunmehr umfassende, kohärente Datenschutzbestimmungen für alle Bereiche, einschließlich Polizei und Strafjustiz, festlegen. Dabei müssen natürlich die Besonderheiten und Erfordernisse dieser Bereiche berücksichtigt werden. Für Strafverfolgungszwecke gespeicherte Daten sollen von der neuen Datenschutzregelung ebenfalls erfasst werden. Die Kommission überprüfe zurzeit auch die Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsspeicherung von Daten, wonach die Unternehmen Kommunikationsdaten über einen Zeitraum zwischen sechs Monaten und zwei Jahren speichern müssen.
• Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus bei außerhalb der EU übermittelten Daten durch die Verbesserung und Erleichterung von Verfahren für den internationalen Datentransfer. Die EU sollte bei der Zusammenarbeit mit Drittstaaten dasselbe Schutzniveau anstreben und sich weltweit für hohe Datenschutzstandards einsetzen.
• Wirksamere Durchsetzung der Vorschriften durch die Stärkung und weitere Harmonisierung der Aufgaben und Befugnisse der Datenschutzbehörden. Ferner bedürfe es einer besseren Zusammenarbeit und Abstimmung, um eine konsequentere Anwendung der Datenschutzbestimmungen im gesamten Binnenmarkt zu gewährleisten.

Das weitere Vorgehen
Die Überprüfung der Datenschutzpolitik durch die Kommission werde die Grundlage weiterführender Beratungen und einer weiteren Bewertung bilden. Die Kommission rufe alle Beteiligten und die Öffentlichkeit dazu auf, sich bis zum 15. Januar 2011 zu ihren Vorschlägen zu äußern. Für Beiträge stehe die Website der Kommission für öffentliche Anhörungen zur Verfügung:

http://ec.europa.eu/justice/news/consulting_public/news_consulting_0006_en.htm

Die Kommission werde auf dieser Grundlage 2011 Vorschläge für eine neue allgemeine Datenschutzregelung unterbreiten, über die dann das Europäische Parlament und der Rat entscheiden werden.
Darüber hinaus werde die Kommission andere nichtgesetzliche Maßnahmen prüfen, wie die Förderung von Sensibilisierungskampagnen zum Thema Datenschutzrechte und Inanspruchnahme dieser Rechte sowie etwaige Selbstregulierungsinitiativen der Wirtschaft.

Hintergrund
Die EU-Datenschutzvorschriften (die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG) von 1995 dienen dem Schutz der Grundrechte und –freiheiten Einzelner; sie sollen insbesondere das Recht auf Datenschutz und den freien Datenverkehr gewährleisten. Diese allgemeine Datenschutzrichtlinie wurde durch andere Rechtsinstrumente, wie die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation ergänzt. Daneben gibt es spezielle Regeln für den Schutz personenbezogener Daten bei der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (Rahmenbeschluss 2008/977/JI).

Das Recht auf Schutz personenbezogener Daten findet ausdrücklich Anerkennung in Artikel 8 der EU-Charta der Grundrechte und im Vertrag von Lissabon. Der Vertrag bietet mit Artikel 16 die Rechtsgrundlage für datenschutzrechtliche Vorschriften für alle Tätigkeiten im Anwendungsbereich des EU-Rechts.

2009 begann die Kommission mit der Überprüfung des derzeitigen Rechtsrahmens für den Datenschutz. Dazu hielt sie im Mai 2009 zunächst eine hochrangige Konferenz ab, der eine öffentliche Anhörung folgte, die bis Ende 2009 dauerte. 2010 fanden mehrere Anhörungen statt, mit denen Interessenträger gezielt angesprochen wurden. Im Januar 2010 kündigte Viviane Reding noch in ihrer Eigenschaft als EU-Kommissarin für die Informationsgesellschaft am Datenschutztag an, die Kommission beabsichtige, die EU-Datenschutzpolitik zu modernisieren (vgl. IP/10/63 und SPEECH/10/441).

Quelle: Pressemitteilung der Europäischen Kommission, v. 4. November 2010, IP/10/1462

Deutsch-Schweizer Steuerverhandlungen

Deutschland und die Schweiz haben das revidierte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und eine gemeinsame Erklärung zum Informationsaustausch unterzeichnet.

Bundesrat Hans-Rudolf Merz und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble haben am 27.10.2010 in Bern eine gemeinsame Erklärung zur Aufnahme von Verhandlungen im Steuerbereich zwischen der Schweiz und Deutschland unterzeichnet. Außerdem unterzeichneten die Minister nun das revidierte Doppelbesteuerungsabkommen nach OECD-Standard.

Doppelbesteuerungsabkommen nach OECD-Standort
Das Doppelbesteuerungsabkommen regelt den Austausch von Informationen nach Art. 26 des OECD-Musterabkommens. Das Abkommen war bereits Anfang 2010 paraphiert worden. Das neue DBA enthält zudem verschiedene vorteilhafte Bestimmungen für die Schweizer und die deutsche Wirtschaft. So werden unter anderem Quellensteuern auf Dividenden reduziert und eine Schiedsklausel eingeführt.

Erklärung zum Informationsaustausch
Mit der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung vereinbarten Bundesrat Merz und Bundesfinanzminister Schäuble, Verhandlungen über eine Erweiterung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Steuerbereich und über den verbesserten Marktzugang für Banken aufzunehmen. Die Verhandlungen sollen auf den Sondierungsgesprächen basieren, die eine gemeinsame Arbeitsgruppe in den vergangenen Monaten geführt habe. Damit will die Schweiz ihre Finanzplatzstrategie kohärent und glaubhaft umsetzen, wonach der Finanzplatz Schweiz auf die Verwaltung versteuerter Gelder setze.

Keine Wettbewerbsverzerrungen im Steuerrecht
Beide Seiten wollen mit einer neuen Lösung Wettbewerbsverzerrungen im Steuerbereich vermeiden. Deutsche Steuerzahler sollen nicht davon abgehalten werden, ein Konto in der Schweiz zu halten. Die Aussicht auf mögliche Steuerhinterziehung soll jedoch in Zukunft kein Element in den Anlageüberlegungen deutscher Steuerzahler mehr darstellen.

Schutz der Privatsphäre von Bankkunden
In den Sondierungsgesprächen habe die Schweiz und Deutschland eine Lösung ins Auge gefasst, die einerseits den Schutz der Privatsphäre von Bankkunden respektiere, anderseits aber auch die Durchsetzung berechtigter Steueransprüche gewährleiste. Die Lösung soll insbesondere folgende Punkte umfassen:

1. Regularisierung der Vergangenheit: Unversteuerte Altgelder sollen regularisiert werden.

2. Abgeltungssteuer für die Zukunft: Künftige Erträge sollen über eine Abgeltungssteuer erfasst werden, wobei der Steuersatz noch zu verhandeln ist.

Die Abgeltungssteuer ist eine Quellensteuer, nach deren Bezahlung grundsätzlich die Steuerpflicht gegenüber dem Wohnsitzstaat erfüllt ist.

Um Umgehungsmöglichkeiten der Abgeltungssteuer zu verhindern, soll eine erweiterte Amtshilfe vereinbart werden. Diese sehe vor, dass die deutschen Behörden Amtshilfegesuche stellen können, die den Namen des Kunden, jedoch nicht zwingend den Namen der Bank enthalten müssen. Die Gesuche seien zahlenmäßig beschränkt und bedürfen eines plausiblen Anlasses. Sogenannte „Fishing Expeditions“ seien ausgeschlossen.

3. Weitere Elemente: Die Schweiz und Deutschland beabsichtigen, Fragen des gegenseitigen Marktzutritts für Finanzinstitute zu lösen. Ebenfalls soll die Problematik des Kaufs steuererheblicher Daten gelöst werden. Zum Paket gehöre auch die Lösung der Problematik möglicher Strafverfolgung von Bankmitarbeitern.

Quellen: Pressemitteilungen des Bundesministeriums der Finanzen v. 27.20.2010, Nr.: 41/2010; Eidgenössischen Finanzdepartements v. 27.10.2010

Änderungsprotokoll 2010 zum Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland

Offizieller Text des Änderungsprotokolls vom 27.10.2010 zum Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz:

Protokoll zur Änderung des Abkommens vom 11. August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 12. März 2002

Die Bundesrepublik Deutschland
und
die Schweizerische Eidgenossenschaft

von dem Wunsch geleitet, ein Protokoll abzuschließen zur Änderung des am 11. August 1971 in Bonn unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (im Folgenden als „das Abkommen“ be-zeichnet) in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 12. März 2002 und des durch dieses Revisionsprotokoll angefügten Protokolls zum Abkommen in der Fassung des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (im Folgenden als „das Protokoll zum Abkommen“ bezeichnet) –

haben Folgendes vereinbart:

Artikel 1

Artikel 10 Absatz 3 (Dividenden) des Abkommens wird wie folgt neu gefasst:

„(3) Ungeachtet des Absatzes 2 dürfen Dividenden in dem Vertragsstaat, in dem die die Divi-denden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nicht besteuert werden, wenn der Empfänger der Dividenden eine im anderen Vertragsstaat ansässige Gesellschaft ist, die während eines un-unterbrochenen Zeitraums von mindestens 12 Monaten unmittelbar über mindestens 10 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt. Im Fall von Divi-denden, die von einer deutschen Immobilien-Aktiengesellschaft mit börsennotierten Anteilen (REIT-AG), einem deutschen Investmentfonds oder einer deutschen Investmentaktiengesell-schaft gezahlt werden, ist nicht Satz 1, sondern Absatz 2 Buchstabe c anzuwenden. Dies berührt nicht die Besteuerung der Gesellschaft in Bezug auf die Gewinne, aus denen die Divi-denden gezahlt werden.“

Artikel 2

(1) In Artikel 25 (Gleichbehandlung) des Abkommens wird nach Absatz 2 folgender neuer Absatz 3 eingefügt:

„(3) Sofern nicht Artikel 9, Artikel 11 Absatz 4 oder Artikel 12 Absatz 4 anzuwenden ist, sind Zinsen, Lizenzgebühren und andere Entgelte, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Gewinne dieses Unternehmens unter den gleichen Bedingungen wie Zahlungen an eine im erstgenannten Staat ansässige Person zum Abzug zuzulassen. Dementsprechend sind Schul-den, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats gegenüber einer im anderen Vertragsstaat an-sässigen Person hat, bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Vermögens dieses Unterneh-mens unter den gleichen Bedingungen wie Schulden gegenüber einer im erstgenannten Staat ansässigen Person zum Abzug zuzulassen.“

(2) Absätze 3 und 4 werden zu Absätzen 4 und 5.

Artikel 3

In Artikel 26 (Verständigungsverfahren) des Abkommens werden nach Absatz 4 folgende neue Absätze 5, 6 und 7 hinzugefügt:

„(5) Haben sich die zuständigen Behörden im Rahmen eines Verständigungsverfahrens nach diesem Artikel erfolglos um eine umfassende Einigung in einem Fall bemüht, so wird der Fall durch ein Schiedsverfahren beigelegt, das gemäß den Anforderungen des Absatzes 6 und den von den Vertragsstaaten vereinbarten Vorschriften oder Verfahren durchgeführt wird, wenn

a) in mindestens einem Vertragsstaat eine Steuererklärung bezüglich der Steuerjahre im streitigen Fall eingereicht oder ein Steuerabzug vorgenommen wurde,

b) die zuständigen Behörden nicht vor dem Zeitpunkt, in dem das Schiedsverfahren anderenfalls begonnen hätte, übereinkommen, dass der Fall nicht für ein Schieds-verfahren geeignet ist, und

c) alle betroffenen Personen den Bestimmungen von Absatz 6 Buchstabe d zuge-stimmt haben.

(6) Zum Zweck von Absatz 5 und dieses Absatzes sind folgende Bestimmungen und Defini-tionen anzuwenden:

a) Der Ausdruck „betroffene Person“ bedeutet diejenige Person, die den Fall der zuständigen Behörde zur Beurteilung nach diesem Artikel unterbreitet hat, sowie gegebenenfalls jede andere Person, deren Steuerpflicht in einem der beiden Ver-tragsstaaten unmittelbar durch die sich aufgrund dieser Beurteilung ergebende Ver-ständigungslösung berührt wird.

b) Der Ausdruck „Anfangszeitpunkt“ eines Falles ist der früheste Zeitpunkt, in dem beide zuständigen Behörden die zur materiellen Beurteilung eines Verständigungs-verfahrens nötigen Informationen erhalten haben.

c) Ein Schiedsverfahren für einen Fall beginnt

aa) entweder drei Jahre nach dem Anfangszeitpunkt des Falles, sofern sich die zu-ständigen Behörden nicht vorher auf ein anderes Datum geeinigt haben,

bb) oder sobald die beiden zuständigen Behörden die in Buchstabe d geforderte Zu-stimmung erhalten haben, je nachdem, welcher dieser beiden Zeitpunkte später eintritt.

d) Die betroffenen Personen und ihre bevollmächtigten Vertreter müssen vor Beginn des Schiedsverfahrens einwilligen, keine Informationen, die sie im Laufe des Schiedsverfahrens von einem der beiden Vertragsstaaten oder von der Schiedsstelle erhalten haben, mit Ausnahme der Schiedsentscheidung, anderen Personen offen zu legen.

e) Die Entscheidung der Schiedsstelle gilt als Beilegung durch Verständigung nach diesem Artikel; sie ist für beide Vertragsstaaten bezüglich dieses Falls bindend, es sei denn, dass eine betroffene Person sie nicht anerkennt.

f) Zum Zweck eines Schiedsverfahrens nach Absatz 5 und diesem Absatz sind die Mitglieder der Schiedsstelle und deren Mitarbeiter als beteiligte „Personen oder Behörden“ anzusehen, denen Informationen gemäß Artikel 27 zugänglich gemacht werden dürfen.

(7) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten regeln die weiteren Einzelheiten der An-wendung und Durchführung des Schiedsverfahrens durch Verständigungsvereinbarung.“

Artikel 4

Artikel 27 (Informationsaustausch) des Abkommens wird wie folgt gefasst:

„Artikel 27

(1) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten tauschen die Informationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Anwendung oder Durchsetzung des innerstaat-lichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer Länder, Kantone, Bezirke, Kreise, Gemeinden oder Gemeindeverbände erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht. Der Informationsaustausch ist durch die Artikel 1 und 2 nicht eingeschränkt.

(2) Alle Informationen, die ein Vertragsstaat gemäß Absatz 1 erhalten hat, sind ebenso ge-heim zu halten wie die aufgrund des innerstaatlichen Rechts dieses Staates beschafften Infor-mationen und dürfen nur den Personen oder Behörden (einschließlich der Gerichte und der Verwaltungsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Veranlagung oder Erhebung, mit der Vollstreckung oder Strafverfolgung oder mit der Entscheidung von Rechtsmitteln hin-sichtlich der in Absatz 1 genannten Steuern oder mit der Aufsicht über die vorgenannten Per-sonen oder Behörden befasst sind. Diese Personen oder Behörden dürfen die Informationen nur für diese Zwecke verwenden. Sie dürfen die Informationen in einem verwaltungs- oder strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offen legen. Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen kann ein Vertragsstaat die erhaltenen Informationen für andere Zwecke verwenden, wenn solche In-formationen nach dem Recht beider Staaten für solche anderen Zwecke verwendet werden dürfen und die zuständige Behörde des übermittelnden Staates dieser anderen Verwendung zugestimmt hat.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind nicht so auszulegen, als verpflichteten sie einen Vertragsstaat,

a) Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die von den Gesetzen und der Verwal-tungspraxis dieses oder des anderen Vertragsstaates abweichen;

b) Informationen zu erteilen, die nach den Gesetzen oder im üblichen Verwaltungsver-fahren dieses oder des anderen Vertragsstaates nicht beschafft werden können;

c) Informationen zu erteilen, die ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsge-heimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgeben würden oder deren Erteilung der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspräche.

(4) Ersucht ein Vertragsstaat gemäß diesem Artikel um Informationen, so nutzt der andere Vertragsstaat die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Beschaffung der erbetenen Informationen, selbst wenn er diese Informationen für seine eigenen steuerlichen Zwecke nicht benötigt. Die im vorstehenden Satz enthaltene Verpflichtung unterliegt den Beschrän-kungen gemäß Absatz 3, wobei diese jedoch in keinem Fall so auszulegen sind, dass ein Ver-tragsstaat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen kann, weil er kein inländi-sches Interesse an solchen Informationen hat.

(5) Absatz 3 ist in keinem Fall so auszulegen, als könne ein Vertragsstaat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen, weil die Informationen sich bei einer Bank, einem sons-tigen Finanzinstitut, einem Bevollmächtigen, Vertreter oder Treuhänder befinden oder weil sie sich auf das Eigentum an einer Person beziehen. Ungeachtet des Absatzes 3 oder entge-genstehender Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verfügen die Steuerbehörden des ersuchten Vertragsstaats, sofern dies für die Erfüllung der Verpflichtungen unter diesem Ab-satz erforderlich ist, über die Befugnis, die Offenlegung der in diesem Absatz genannten In-formationen durchzusetzen.“

Artikel 5

Das Protokoll zum Abkommen wird wie folgt geändert:

(1) Der Ziffer 1 zu Artikel 10 Absatz 3 wird folgender Buchstabe c hinzugefügt:
„c) Die Voraussetzung der Mindestdauer der Beteiligung gemäß Artikel 10 Absatz 3 Satz 1 ist auch dann erfüllt, wenn der Beteiligungszeitraum erst nach dem Zeitpunkt der Zahlung der Dividenden vollendet wird. Buchstabe a ist in diesen Fällen nicht anzuwenden.“

(2) Nach Ziffer 1 wird folgende neue Ziffer 1bis eingefügt:

„1bis. Zu Artikel 15 Absatz 3
Für die am oder nach dem Tag des Inkrafttretens des Protokolls vom 27. Oktober 2010 beginnenden Veranlagungszeiträume bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2016 nimmt die Bundesrepublik Deutschland ihr aus Artikel 15 Absatz 3 Satz 1 folgendes Besteuerungs-recht bezogen auf diejenigen Mitglieder des Bordpersonals von im internationalen Verkehr eingesetzten Luftfahrzeugen nicht wahr, deren Ansässigkeit in der Schweizerischen Eidge-nossenschaft und Anstellungsverhältnis bereits vor dem 1. Januar 2007 und seitdem ohne Unterbrechung bestanden haben. Insoweit findet Artikel 15 Absatz 3 Satz 2 Anwendung.
Diese Regelung findet keine Anwendung auf Einkünfte und Einkunftsteile, bei denen sie den Eintritt einer doppelten Nichtbesteuerung zur Folge hätte.“

(3) Ziffer 3 Buchstabe a zu Artikel 27 wird wie folgt gefasst:

„a) Es besteht Einvernehmen darüber, dass der ersuchende Vertragsstaat ein Ersuchen auf Austausch von Informationen erst dann stellt, wenn er alle in seinem innerstaatlichen Steu-erverfahren vorgesehenen üblichen Mittel zur Beschaffung der Informationen ausgeschöpft hat.“

(4) Ziffer 3 Buchstabe b zu Artikel 27 wird zu Buchstabe g.

(5) In Ziffer 3 zu Artikel 27 werden nach Buchstabe a die Buchstaben b bis f neu eingefügt:

„b) Es besteht Einvernehmen darüber, dass die zuständige Behörde eines Vertragsstaates bei der Stellung eines Amtshilfeersuchens nach Artikel 27 der zuständigen Behörde des ersuchten Staates die nachstehenden Angaben zu übermitteln hat:

aa) hinreichende Angaben zur Identifizierung der in eine Überprüfung oder Untersuchung einbezogenen Person (typischerweise der Name und, soweit bekannt, Geburtsdatum, Adresse, Kontonummer oder ähnliche identifizierende Informationen),

bb) die Zeitperiode, für welche die Informationen verlangt werden,

cc) eine Beschreibung der verlangten Informationen sowie Angaben hinsichtlich der Art und Form, in der der ersuchende Staat diese Informationen vom ersuchten Staat zu erhalten wünscht,

dd) den Steuerzweck, für den die Informationen verlangt werden, und

ee) den Namen und, soweit bekannt, die Adresse des mutmaßlichen Inhabers der verlangten Informationen.

c) Der Zweck der Verweisung auf Informationen, die voraussichtlich erheblich sind, besteht darin, einen möglichst weit gehenden Informationsaustausch in Steuerbelangen zu gewährleisten, ohne den Vertragsstaaten zu erlauben, „fishing expeditions“ zu betreiben oder Informationen anzufordern, deren Erheblichkeit hinsichtlich der Steuerbelange einer steuerpflichtigen Person unwahrscheinlich ist. Während Buchstabe b wichtige verfahrens-technische Anforderungen enthält, die „fishing expeditions“ vermeiden sollen, sind seine Unterabsätze so auszulegen, dass sie einen wirksamen Informationsaustausch nicht behindern.

d) Auf ausdrückliches Ersuchen der zuständigen Behörde eines Vertragsstaates erteilt die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaates die unter Artikel 27 verlangten Informationen durch Übermittlung beglaubigter Kopien von unveränderten Originalunterlagen (einschließlich Geschäftsbüchern, Dokumenten, Berichten, Aufzeichnungen, Abschlüssen und Schriftstücken).

e) Obwohl Artikel 27 die für den Informationsaustausch möglichen Verfahrensweisen nicht einschränkt, sind die Vertragsstaaten nicht dazu verpflichtet, Informationen auf automatischer oder spontaner Basis auszutauschen. Die Vertragsstaaten erwarten voneinander, sich gegenseitig die zur Durchführung des Abkommens notwendigen Informationen zu liefern.

f) Es besteht Einvernehmen darüber, dass im Falle des Austauschs von Informationen nach Artikel 27 die im ersuchten Staat geltenden Bestimmungen des Verwaltungsverfahrens-rechts über die Rechte der Steuerpflichtigen (wie zum Beispiel das Recht auf Benachrich-tigung oder das Recht auf Beschwerde) vorbehalten bleiben, bevor die Informationen an den ersuchenden Staat übermittelt werden. Es besteht des Weiteren Einvernehmen darüber, dass diese Bestimmungen dazu dienen, der steuerpflichtigen Person ein ordnungsgemäßes Verfahren zu gewähren, und nicht bezwecken, den wirksamen Informationsaustausch zu verhindern oder übermäßig zu verzögern.“

Artikel 6

(1) Dieses Protokoll bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Berlin ausgetauscht.

(2) Dieses Protokoll tritt am Tag des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft und ist in beiden Vertragsstaaten anzuwenden

in Bezug auf die an der Quelle erhobenen Steuern von Dividenden im Sinne von Artikel 10 Absatz 3 des Abkommens, die am oder nach dem 1. Januar des auf den Tag des In-krafttretens folgenden Kalenderjahres fällig werden;

in Bezug auf Artikel 25 Absatz 3 des Abkommens auf Steuerjahre oder Veranlagungszeiträume, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Kalenderjahres beginnen;

c) in Bezug auf Artikel 26 Absätze 5 und 6 des Abkommens
aa) auf die zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls bereits anhängigen1 Verständigungsverfahren und auf Verständigungsverfahren, die nach diesem Zeitpunkt eingeleitet werden, wobei als Anfangszeitpunkt der Dreijahresfrist für die in Unterabsatz
aa) genannten Fälle das Datum des Inkrafttretens dieses Protokolls gilt;

d) in Bezug auf Ersuchen nach den Artikeln 4 und 5 Ziffern 3 und 5 dieses Protokolls, die am oder nach dem Datum des Inkrafttretens gestellt werden

aa) hinsichtlich Informationen nach Artikel 27 Absatz 5 des Abkommens, die sich auf einen Zeitraum beziehen, der am 1. Januar des auf die Unterzeichnung dieses Protokolls folgenden Jahres beginnt, und

bb) in allen anderen Fällen hinsichtlich Informationen, die sich auf Steuerjahre oder Veranlagungszeiträume beziehen, die am oder nach dem 1. Januar des auf die Unterzeichnung dieses Protokolls folgenden Jahres beginnen.

Geschehen zu Bern am 27. Oktober 2010, in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Bundesrepublik Deutschland
Dr. Axel Berg, Dr. Wolfgang Schäuble

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft
Dr. Hans-Rudolf Merz

1 Schweizerische Eidgenossenschaft: „hängigen“.

BVerwG: Klage gegen Google Street View

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB), Hanspeter Thür, hat gegen Google Klage vor dem schweizerischen Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Der Datenschützer hatte verschiedene Massnahmen zum besseren Schutz der Privatsphäre im Online-Dienst Street View gefordert, deren Umsetzung Google mehrheitlich abgelehnt hatte. Deshalb klagt der EDÖB jetzt vor Bundesverwaltungsgericht. Wie er in einer Pressemitteilung bekannt gab, soll das Bundesverwaltungsgericht die Veröffentlichung weiterer Bilder im Online-Dienst Street View von Google untersagen. Auch weitere Kamerafahrten sollen verboten werden.

Schutz der Personendaten und der Privatsphäre nicht ausreichend
Nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten seien im seit August 2009 online geschalteten Dienst Street View zahlreiche Gesichter und Autonummern nicht genügend unkenntlich gemacht oder würden Betroffene in sensibler Umgebung, z. B. vor Spitälern, Gefängnissen oder Schulen zeigen. Dies sei nicht hinnehmbar und würde dem Schutz der Personendaten und der Privatsphäre nicht ausreichend Rechnung tragen. Google hatte diese Forderungen in weiten Teilen abgelehnt.

Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht
Daraufhin hatte der EDÖB beschlossen vor dem Bundesverwaltungsgericht zu klagen. In der Klage bemängelte der Datenschutzbeauftragte, dass bereits die Vorinformation von Google unvollständig gewesen seien. So habe Google bspw. angekündigt, hauptsächlich Stadtzentren zu fotografieren, stelle in der Folge jedoch viele Städte flächendeckend ins Internet. In Aussenquartieren, wo die Bevölkerungsdichte auf den Strassen rapid abnehme, sei das einfache Blurring von Gesichtern aber nicht mehr ausreichend. Dies gelte insbesondere angesichts der Zoomfunktion, die es dem Street-View-Benutzer erlaube, Personen auf dem Bildschirm herauszuisolieren und zu vergrössern.

Auch die Höhe der Kamera auf den Google-Autos sei inadäquat. Dank der Einblicke, die sie über Zäune, Hecken und Mauern gewähre, könne man in Street View mehr sehen als ein gewöhnlicher Passant von der Strasse aus. Damit sei die Privatsphäre in umfriedeten Orten (Gärten, Höfe) nicht mehr gewährleistet.

Vereinbarung in Sachen Google Street View
Einige Tage nach der Einreichung der Klage haben Google und der EDÖB sich mit Bezug auf die im Rahmen dieser Klage verlangten vorsorglichen Massnahmen u.a. wie folgt geeinigt:

1. Google erklärt sich bereit, bis zur rechtskräftigen Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht keine weiteren in der Schweiz für Street View aufgenommene Bilder in ihrem Online-Dienst Street View oder im Rahmen von anderen Produkten im Internet aufzuschalten.

2. Google verpflichtet sich, ein rechtskräftiges Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in der vorliegenden Sache zu akzeptieren und auf die für Street View getätigten Fotografien der Schweiz anzuwenden, sofern und soweit das Urteil dies verlangen sollte.

3. Google ist dazu berechtigt, auch weiterhin Kamerafahrten in der Schweiz zu unternehmen. Sie erfolgen im Hinblick auf den späteren Ausgang des Gerichtsverfahrens auf eigenes Risiko. Diese Kamerabilder werden im Sinne von Ziffer 1 nicht im Internet aufgeschaltet und verbleiben bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts innerhalb der Google-Gruppe und dürfen nur für nicht personenbezogene Zwecke und Produkte verwendet werden.

4. Anstelle eines bislang monatlichen Intervalls wird Google bei weiteren Kamerafahrten im öffentlichen Raum mindestens eine Woche im Voraus online darüber informieren, in welchen Bezirken oder im Umkreis von welchen Städten Fotografien geplant sind.

Quellen: EDÖB, Pressemitteilung v. 13.11.2009 und 17.12.2009.

BGH: Kein wettbewerbsrechtlicher Schutz für Amateurfußballspiele

Hartplatzhelden gewinnen vor dem Bundesgerichtshof – Fußballverband hat kein Monopol an Videos von Amateurfußballspielen.

Ein Fußballverband muss es hinnehmen, wenn kurze Filmausschnitte von Amateurfußballspielen im Internet zur Verfügung gestellt werden. So entschied der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) im Rechtsstreit um die Internetplattform „www.hartplatzhelden.de“. Damit hat sich das Amateurfußballportal in der entscheidenden letzten Instanz vor dem BGH gegen den Württembergischen Fußballverband durchgesetzt.

www.hartplatzhelden.de ist ein werbefinanziertes Amateurfussballportal
„www.hartplatzhelden.de“ ist ein durch Werbeeinnahmen finanziertes Internetportal, in das Besucher von Amateurfußballspielen selbst aufgenommene Filme einstellen können, die einzelne Szenen des Spielgeschehens von ein- bis eineinhalbminütiger Dauer wiedergeben. Die Filmausschnitte können von anderen Internetnutzern kostenlos aufgerufen und angesehen werden.

Amateurfußballverband hält dies für unzulässig und wettbewerbswidrig
Dagegen hatte der Württembergische Fußballverband e.V. geklagt. Der Verband war der Ansicht, dass ihm als Veranstalter der Spiele in seinem Verbandsgebiet das ausschließliche Recht zu deren gewerblicher Verwertung zustehe. Er hatte daher von den Betreibern der Homepage „www.hartplatzhelden.de“ unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Leistungsübernahme, der wettbewerbswidrigen Behinderung sowie des Eingriffs in sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Unterlassung verlangt.

LG Stuttgart gibt Verband Recht – OLG Stuttgart lässt Revision zu
Die Klage hatte zunächst vor dem Landgericht Stuttgart Erfolg. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte dann die Berufung zurückgewiesen und die Revision zum BGH zugelassen.

BGH verneint Monopol des Verbands und weist Klage ab
Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nunmehr entschieden, dass der Fußballverband es hinnehmen müsse, wenn kurze Filmausschnitte von Amateurfußballspielen seiner Mitglieder im Internet öffentlich zugänglich gemacht würden. Es bestehe kein wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz für Amateurfußballspiele.

Kein wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz für Amateurfußballspiele
Der BGH hatte ein ausschließliches Verwertungsrecht des klagenden Verbandes verneint und die Klage dementsprechend abgewiesen. Maßgeblich dafür war, dass die Veröffentlichung der Filmausschnitte entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts keine nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG unlautere Nachahmung eines geschützten Leistungsergebnisses darstelle. Die vom Kläger erbrachte Leistung der Organisation und Durchführung der Fußballspiele bedürfe im Übrigen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keines solchen Schutzes. Der Kläger könne sich über die ihm angehörigen Vereine eine entsprechende wirtschaftliche Verwertung der Fußballspiele in seinem Verbandsgebiet dadurch hinreichend sichern, dass Besuchern der Fußballspiele Filmaufnahmen unter Berufung auf das Hausrecht untersagt würden. Unter diesen Umständen hat der BGH ein besonderes Ausschließlichkeitsrecht von Sportverbänden auch unter den weiteren vom Kläger herangezogenen Gesichtspunkten verneint.

Quellen:

  • Bundesgerichtshof – Urteil vom 28. Oktober 2010 – I ZR 60/09 – Hartplatzhelden;
  • OLG Stuttgart – Urteil vom 19. März 2009 – 2 U 47/08;
  • LG Stuttgart – Urteil vom 8. Mai 2008 – 41 O 3/08 KfH

Deutschland: "Schwarzsurfen" in fremden WLAN nicht strafbar

Das sog. „Schwarzsurfen“ in unverschlüsselt betriebenen fremden WLAN-Funknetzwerken ist nach Deutschem Recht grundsätzlich nicht strafbar. So entschied das Landgericht Wuppertal. Anlass war die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wuppertal gegen einen Nichteröffnungs-Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal.

Staatsanwalt hält „Schwarzsurfen“ für strafbar
Die Staatsanwaltschat war jedoch ganz anderer Meinung. Sie hatte vor dem Amtsgericht die Eröffnung der Hauptverhandlung gegen einen Angeschuldigten beantragt, dem sie vorwarf, mit seinem Laptop einen Ort in Wuppertal aufgesucht zu haben, an dem er sich in ein offenes und über einen WLAN-Router unverschlüsselt betriebenes fremdes Funknetzwerk eingewählt haben soll, um so das Internet nutzen zu können, ohne dafür Geld zahlen zu müssen.

Amtsgericht verneint Strafbarkeit
Das Amtsgericht Wuppertal hatte in dem angegriffenen Beschluss eine Strafbarkeit dieses Verhaltens verneint und daher bereits eine Eröffnung der Hauptverhandlung aus rechtlichen Gründen abgelehnt.

Landgericht bestätigt Auffassung des Amtsgerichts – „Schwarzsurfen“ nicht strafbar
Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts hat diese rechtliche Bewertung der Amtsrichter nun bestätigt und die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft als unbegründet verworfen. Das Landgericht Wuppertal hat in seinem Beschluss entschieden, dass man sich bei der Nutzung von fremden, offenen WLANs grundsätzlich nicht strafbar mache. Die Kammer verneinte die Strafbarkeit des Einwählens in ein offenes und über einen WLAN-Router unverschlüsselt betriebenes fremdes Funknetzwerk unter jeglichem rechtlichen Gesichtspunkt.

Keine Strafbarkeit nach Telekommunikationsgesetz
Eine Strafbarkeit gemäß §§ 89 Satz 1, 148 Abs. 1 Nr. 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) hält die Kammer nicht für gegeben, da der Einwählende nicht zwischen anderen Kommunikationspartnern vertraulich ausgetauschte Nachrichten wahrnehme, die § 89 Satz 1 TKG unterfielen, sondern der Einwählende selbst Teilnehmer eines Kommunikationsvorgangs werde.

Kein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz
Das Verhalten erfülle auch nicht den Tatbestand des unbefugten Abrufens oder Sich-Verschaffens personenbezogener Daten gemäß §§ 43 Abs. 2 Nr. 3, 44 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Weder bei dem Einwählen in das unverschlüsselt betriebene Funknetzwerk noch der anschließend hierüber erfolgenden Nutzung des Internetzugangs würden personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG abgerufen.

Kein strafbarer Computerbetrug, Erschleichen von Leistungen oder Auspähen von Daten
Auch Straftatbestände des Strafgesetzbuchs halten die Richter nicht für erfüllt. Eine Strafbarkeit wegen eines Ausspähens von Daten gemäß § 202a StGB, wegen eines Abfangens von Daten gemäß § 202b StGB, wegen eines versuchten Computerbetruges gemäß §§ 263a Abs. 1 und 2, 263 Abs. 2, 22 StGB sowie wegen eines Erschleichens von Leistungen gemäß § 265a StGB sei ebenso nicht gegeben.

Quelle: LG Wuppertal, Beschluss vom 19.10.2010, Az.: 25 Qs 177/10

LG Berlin: Haftung für fremde RSS-Feeds

Betreiber von Internetseiten haften für fremde RSS-Feeds bei Rechtsverletzungen, die auf der eigenen Homepage eingebunden sind, z.B. als Newsticker. So entschied das Landgericht Berlin.

Der Beklagte betreibt eine Internetseite, auf der er einen sog. „Social-News-Dienst“ vorhält. Darin hatte er auch den RSS-Channel einer Zeitung eingebettet. Der Websitebetreiber hat dabei nicht nur den Link zu den Informationen verbreitet, sondern auch einen eigenen Teaser mit eigener Überschrift und verändertem, verkürztem eigenen Text. In einem Artikel dieser Zeitung wurde das Persönlichkeitsrecht und die Privatsphäre des Klägers verletzt. Dieser Artikel erschien dann über den RSS-Feed auch in verkürzter Form in dem „Social-News-Dienst“ der Website des Beklagten. Der Kläger nahm den Webseitenbetreiber auf Unterlassung der ehrverletzenden Äußerungen in Anspruch.

Das Landgericht Berlin sah durch das Einbetten des RSS-Feeds eine erneute Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Websitebetreiber. Hier habe der Webseitenbetreiber den – wenn auch von der Zeitung vorgegebenen – Teaser selbst auf dem von ihm betriebenen Portal eingestellt. Der beklagte Webseitenbetreiber habe sich die beanstandete Nachricht aus dem RSS-Feed damit zu Eigen gemacht und seinem Angebot hinzugefügt. Mag dem durchschnittlichen Nutzer der Internetseite auch nicht verschlossen geblieben sein, dass die Mitteilung von „rss…de“ verfasst worden sei, habe der Antragsgegner jene jedoch – ohne jegliche Prüfung vor der Freischaltung des Beitrags – veröffentlicht. Mit dem lapidaren Hinweis auf seinen Haftungsausschluss vermag er sich von den übernommenen RSS-Feeds nicht ernsthaft zu distanzieren.

Die Störerhaftung des Websitebetreibers für das Einstellen des rechtswidrigen Informationsblocks vom RSS-Channel der Zeitung auf seiner Internetseite sei daher zu bejahen. Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich vorliegend zwar nicht aus spezialgesetzlichen Vorschriften des Telemediengesetzes, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung. Als Störer im Sinne von § 1004 BGB sei – ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft – jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt habe. Als (Mit-)Störer könne auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt habe, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genüge, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren stehe nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehle. Ebenso sei Verschulden nicht erforderlich.

Quelle: Landgericht Berlin, Urteil vom 27.4.2010, Aktenzeichen: 27 O 190/10

Deutsch-schweizerisches Doppelbesteuerungsabkommen

Der Entwurf eines Revisionsprotokolls zum deutsch-schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) für den Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen wurde paraphiert. Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble und sein schweizer Amtskollegen, Bundesrat Dr. Hans Rudolf Merz, legten den ausgehandelten Vertragstext für das DBA nun vorläufig fest.  Damit soll das bereits bestehende DBA zwischen der Schweiz und Deutschland geändert werden. Im Zentrum des Entwurfs stand die Verwendung gekaufter Bankkundendaten durch die deutschen Finanzbehörden.

Zentrales Element der Revision des DBA ist die Ausweitung der Amtshilfe in Steuerfragen nach dem OECD-Standard. Mit dem geplanten Revisionsprotokoll solle ein Informationsaustausch in Steuersachen entsprechend dem OECD-Standard für Transparenz und effektiven Auskunftsaustausch entsprechend Artikel 26 des OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart werden. Ferner sind einige weitere Regelungen enthalten. Weitere Einzelheiten können, wie international üblich, erst nach einer Unterzeichnung mitgeteilt werden. Das Abkommen soll aber vor allem die Steuerhinterziehung eindämmen. Die Neuregelungen sollen jedoch nicht für Altfälle gelten.  Die Paraphierung markiert den förmlichen Abschluss der Verhandlungen durch einen gemeinsamen Entwurftext. Die Vereinbarung ist aber erst gültig, wenn sie ratifiziert wurde.

Bilaterale Arbeitsgruppe zur Klärung offener Finanz- und Steuerfragen

Zur weiteren konstruktiven Klärung der deutsch-schweizerischen Finanz- und Steuerprobleme wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingesetzt unter Federführung der beiden Staatsekretäre Dr. Michael Ambühl und Dr. Hans Bernhard Beus. Das Gremium soll sich u.a. mit flankierenden Massnahmen im Hinblick auf die Unterzeichnung des Revisionsprotokolls zum bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen beschäftigen, einschließlich Fragen zum Umgang mit dem Kauf von Bankdaten und eine umfassende Information der Schweiz darüber.

Im Rahmen der Arbeitsgruppe sollen darüber hinaus insbesondere folgende Themen behandelt werden:

Möglichkeiten der Herbeiführung einer Besteuerung von nicht versteuerten Vermögenswerten, die von in Deutschland ansässigen Personen bei Finanzinstituten in der Schweiz angelegt sind.

Sicherstellung einer Besteuerung mit Abgeltungscharakter der laufenden Kapitaleinkünfte aus Vermögenswerten, die von in Deutschland ansässigen Personen bei Finanzinstituten in der Schweiz angelegt sind, sowie von Übertragungen solcher Vermögenswerte insbesondere durch Erbschaft oder Schenkung.

Prüfung eines erweiterten Marktzugangs für Schweizer Banken in Deutschland, gestützt auf die von den zuständigen Aufsichtsbehörden erarbeiteten Lösungsvorschläge.

Steuersünder-CD

Mit Blick auf die gekauften Bankdaten hat Deutschland zur Kenntnis genommen, dass die Schweiz auf Basis von gekauften Bankdaten keine Amtshilfe leistet.

Quelle: Pressemitteilungen des Bundesministerium der Finanzen und des Eidgenössischen Finanzdepartement.

LG Hamburg: Youtube und Google zu Schadensersatz verurteilt

Das Landgericht Hamburg verurteilte Youtube und Google zum Schadensersatz wegen Sarah Brightman-Videos und verbietet Youtube damit die Verbreitung urheberrechtswidriger Inhalte.

In einem spektakulären Urteil hat das Landgericht Hamburg der „Youtube LLC.“ als Betreiberin der Internetplattform „Youtube“ sowie der „Google Inc.“ als Alleingesellschafterin der „Youtube LLC.“ verboten, bestimmte Videos mit urheberrechtswidrigen Inhalten zu veröffentlichen, welche von Nutzern hochgeladen wurden und die über Youtube abrufbar waren. Aufgrund der Veröffentlichung der Videos sei die „Youtube LLC.“ grundsätzlich auch schadensersatzpflichtig.

Der Inhaber verschiedener nach dem UrhG geschützter Leistungen (als Werkbearbeiter, Produzent, Verleger), die sich in Darbietungen und Aufnahmen der Künstlerin Sarah Brightman verkörperten, sah sich in seinen Urheberrechten verletzt und hatte gegen Youtube und Google geklagt. Solche Aufnahmen fanden sich in Videos, welche von Nutzern bei „Youtube“ hochgeladen worden waren und dann über „Youtube“ aufrufbar waren. Die Nutzung der Aufnahmen sei aus verschiedenen Gründen urheberrechtsverletzend: Rechte zur Nutzung der Aufnahmen seien jedoch nicht eingeräumt worden. Die Aufnahmen waren außerdem zum Teil mit anderen Inhalten der Videos (Filmen, Bildern, Texten) verbunden, was einer eigenständigen Rechteeinräumung bedurft hätte. Zum Teil handele es sich auch um nicht autorisierte Livemitschnitte.

Hinsichtlich dreier solcher Aufnahmen sind „Youtube LLC.“ und „Google Inc.“ nun vom LG Hamburg zur Unterlassung und zur einen Ersatzanspruch vorbereitenden Auskunftserteilung verurteilt worden. Das Gericht ist davon ausgegangen, dass die „Youtube LLC.“ sich die von den Nutzern ihrer Plattform hochgeladenen Inhalte zu Eigen gemacht habe. Daraus folgen erhöhte Prüfpflichten im Hinblick auf die Inhalte der Videos, denen „Youtube LLC.“ nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht nachgekommen sei. Die formularmäßige Versicherung des jeweiligen Nutzers, er habe alle erforderlichen Rechte an dem Video, entbinde die „Youtube LLC.“ nicht von ihrer Pflicht, sich von dem Nutzer im Einzelfall nachweisen zu lassen, dass er über die erforderlichen Rechte tatsächlich verfüge. Dies gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass Nutzer die Möglichkeit haben, die Plattform anonym zu nutzen.

Quelle: LG Hamburg 8. Zivilkammer, Urteil vom 03.09.2010, 308 O 27/09

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BVerfg: Kritik der Bundeszentrale für politische Bildung verfassungswidrig

Die herabsetzende Kritik der Bundeszentrale für Politische Bildung an einem wissenschaftlichen Aufsatz zum Thema Antisemitismus sei verfassungswidrig. So entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Geklagt hatte ein emeritierter Professor der Politikwissenschaft.

Im Jahr 2004 erschien ein von ihm verfasster Aufsatz mit dem Titel „Deutsche Identität in Verfassung und Geschichte“, der sich u. a. mit der Verbreitung des Antisemitismus in der deutschen Bevölkerung während der NS-Zeit befasst. Der Aufsatz wurde in der Zeitschrift „Deutschland Archiv“ veröffentlicht, die von einem privaten Verlag im Auftrag der Bundeszentrale für Politische Bildung herausgegeben wird. Im Aufsatz wird die These vertreten, dass die Mehrheit der Deutschen seinerzeit nicht antisemitisch eingestellt gewesen sei, sondern mit den verfolgten Juden sympathisiert habe, wobei er unter anderem von einer „deutsch-jüdischen Symbiose unter dem Hakenkreuz“ spricht.

Erst nach Auslieferung der Zeitschrift an mehrere tausend Abonnenten erlangte die Leitungsebene der Bundeszentrale Kenntnis vom Inhalt des Aufsatzes und richtete ein Schreiben an die Abonnenten, in dem sie die Veröffentlichung des Aufsatzes, durch den sie ihre eigene Arbeit „desavouiert“ sehe, „außerordentlich“ bedauert und versichert, dass dieser „einmalige Vorgang“ sich nicht wiederholen werde; der Rest der betreffenden Auflage der Zeitschrift werde makuliert. Das Schreiben endet mit einer Entschuldigung gegenüber allen Lesern, „welche sich durch den Beitrag verunglimpft fühlen“.

Dieses Schreiben empfand der Professor für ihn als Mensch und Wissenschaftler rufschädigend und herabsetzend. Dieser Auffassung folgte nun das BVerfG in einer Entscheidung mit der Begründung: Das beanstandete Schreiben der Bundeszentrale für Politische Bildung werde ihrer Aufgabe, die Bürger mit Informationen zu versorgen und dabei Ausgewogenheit und rechtsstaatliche Distanz zu wahren, nicht gerecht und verletze den Autor des Artikels daher in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Die Äußerungen in dem Schreiben seien abschätzig und damit geeignet, sich abträglich auf das Ansehen des Einzelnen in der Öffentlichkeit auszuwirken und würden dieses Herabsetzen.

Die Bundeszentrale könne sich auch nicht wie Private auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen. Sie nehme vielmehr als Anstalt des öffentlichen Rechts für die Bundesregierung die Aufgabe wahr, die Bürger mit solchen Informationen zu versorgen, deren diese zur Mitwirkung an der demokratischen Willensbildung bedürfen. Im Rahmen ihres Bildungsauftrags ist sie zwar nicht gehalten, alle grundrechtlich geschützten Meinungen formal gleich zu behandeln, hierbei habe die Bundeszentrale jedoch Ausgewogenheit und rechtsstaatliche Distanz zu wahren. Im konkreten Fall sei dies jedoch nicht geschehen.

Quellen:

BVerfG, Beschluss vom 17. August 2010, 1 BvR 2585/06; Pressemitteilung Nr. 87/2010 vom 28. September 2010

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EuGH: Anwaltsgeheimnis gilt nicht für Syndikusanwalt

Der Schriftverkehr zwischen Syndikusanwalt und Unternehmen fällt nicht unter Schutz der Vertraulichkeit. So entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH). Ein Syndikusanwalt ist ein Rechtsanwalt, der bei einem Unternehmen, einem Verband oder einer Stiftung angestellt ist.

Nach Auffassung des EuGH genieße ein Syndikusanwalt trotz seiner Zulassung als Rechtsanwalt und der ihm auferlegten standesrechtlichen Bindungen nicht denselben Grad an Unabhängigkeit von seinem Arbeitgeber wie der in einer externen Anwaltskanzlei tätige Rechtsanwalt. Daher sei im Bereich des Wettbewerbsrechts der unternehmensinterne Schriftwechsel mit einem Syndikusanwalt nicht durch die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Mandant und Rechtsanwalt geschützt.

Diese Auslegung verstoße dem Gerichtshof zufolge auch nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sich der Syndikusanwalt in einer Position befinde, die sich von derjenigen eines externen Rechtsanwalts grundlegend unterscheide. Die Anforderung, dass der Rechtsanwalt einen unabhängigen Status haben müsse, beruhe auf einer Vorstellung von seiner Funktion als eines Mitgestalters der Rechtspflege, der in völliger Unabhängigkeit und in deren vorrangigem Interesse dem Mandanten die rechtliche Unterstützung zu gewähren habe, die dieser benötige.

Quelle: EuGH, Urteil vom 14.09.2010, Az.: C-550/07 P